Zirkonoxid-Kronen glasieren oder polieren? Einfluss auf Stabilität und Alterungsbeständigkeit

Zirkonoxid-Kronen glasieren oder polieren? Einfluss auf Stabilität und Alterungsbeständigkeit

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Zirkonoxid-Kronen

Für die Oberflächenvergütung monolithischer Zirkonoxid-Kronen gibt es zwei gängige Methoden: Die Politur und die Glasur. Doch wie wirken diese sich auf die Stabilität und Alterungseigenschaften monolithischer Zirkonoxid-Kronen (Multilayer) aus? Haben Applikationsform und Zusammensetzung der Glasurmassen einen entscheidenden Einfluss? Oder punktet die manuelle Politur mit ihren Vorteilen? Das Team der Werkstoffkundeforschung an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der LMU München hat sich diesen Fragen angenommen.

Moritz Hoffmann, München

Monolithische Zirkonoxid-Kronen: Ziel der Oberflächenvergütung

Viele Anwender sehen in digitalen Konstruktions- und Fertigungsprozessen die Chance, Arbeitsschritte zu reduzieren und Zeit einzusparen. Zudem steht eine hohe Ästhetik verbunden mit optimalen mechanischen Kennwerten im Fokus. Gängige Möglichkeit diese Ansprüche zu erfüllen, ist die Herstellung monolithischer Kronen oder Brücken aus Zirkonoxid (Multilayer- oder Multigenerationen-Zirkonoxid). Während die Herstellung digital gestützt erfolgt, wird die Oberflächenfinalisierung meist manuell (Glasieren, Polieren) umgesetzt.

Zirkonoxid-Kronen

Gebräuchliche Methoden der Oberflächenvergütung: Glasurspray (links), Glasurmasse (mittig), Politur (rechts)

Grundsätzlich dient die Oberflächenvergütung nicht nur der verbesserten Ästhetik, sondern senkt die Plaque-Anhaftung auf der Restauration, fördert die Langzeitstabilität und senkt die abrasieren Vorgänge am (natürlichen) Antagonisten. Die Oberfläche wird poliert oder Glasurmassen werden aufgetragen. Inzwischen gibt es für die Nachbearbeitung monolithischer Zirkonoxid-Restaurationen zeitsparende Ansätze wie das Applizieren der Glasurmassen durch Sprühen. Die Glasurmassen können sich in ihrer Zusammensetzung ebenfalls unterscheiden. In einer Untersuchung der LMU wurden mögliche Unterschiede der verschiedenen Methoden zur Oberflächenvergütung genauer betrachtet.

Ziel der Untersuchung

Ziel der Untersuchung war es, die beiden gängigen Methoden zur Oberflächenvergütung (Glasieren, Polieren) monolithischer Zirkonoxid-Restaurationen und deren Einfluss

  • auf die Stabilität der Restaurationen und
  • auf mögliche Alterungserscheinungen

zu untersuchen. Zusätzlich zur eigentlichen Methode wurde die Applikationsform der Glasurmassen sowie deren Zusammensetzung betrachtet. Eine Kontrollgruppe aus natürlichen Zähnen diente als Referenz.

Material und Methoden

Für die Untersuchung wurden insgesamt 96 Molaren-Kronen aus einem Multilayer-Zirkonoxid der dritten und vierten Generation (Multilayer 3D pro, Aidite Technology, Qinhuangdao, China | Ceramill Motion II, AmannGirrbach, Österreich) gefräst. 24 natürliche extrahierte Molaren dienten als Kontrollgruppe. Nach dem Fräsen sind die Kronen nach Herstellerangaben gesintert (LHT 02/16, Nabertherm, Lilienthal/Bremen, Deutschland) wurden.

Zirkonoxid_Kronen

Produktionsschritte der Molarenkronen aus einem Multilayer-Zirkonoxid; Fräsprozess (links), gefräste Krone (mittig), gesinterte Krone (rechts)

Oberflächenvergütung

Die in vier Gruppen aufgeteilten Kronen wurden nach dem Sintern gereinigt und die Oberfläche nach Herstellerangaben vergütet:

  1. Glasurspray n=24 (Lithiumsilikatbasis, LiSiFuse Finish, HPdent, Gottmadingen, Deutschland)
  2. Glasurspray n=24 (Leuzitbasis, VITA AKZENT PLUS GLAZE SPRAY, VITA Zahnfabrik, Bad Säckingen, Deutschland)
  3. Glasurmasse n=24 (Leuzitbasis, VITA AKZENT PLUS GLAZE, VITA Zahnfabrik, Bad Säckingen, Deutschland)
  4. Politur n=24 (Keramikpolierer (rosa, Komet Dental, Lemgo, Deutschland), Filzrad mit Diamatpolierpaste (DIA-GLACE, Yeti Dentalprodukte, Engen, Deutschland)
  5. Analog zur Herstellung der Kronen wurden Plättchen aus dem verwendeten Zirkonoxid mit den Glasurmassen beschichtet, gebrannt und im Tastschnittverfahren die Oberflächenrauigkeit (Ra, Rz) ermittelt.
Zirkonoxid_Kronen

Vergleichsdarstellung der oberflächenvergüteten Zirkonoxidkronen

Lagerung, Bruchlast und Alterungsprozess

Die fertigen Kronen wurden auf gefräste glasfaserverstärkte Kunstharz-Stümpfe (TRINA, Bicon Europe, Limerick, Irland) mit einem dualhärtendem Befestigungskomposit (SoloCem, Coltene/Whaledent, Altstätten, Schweiz) unter zu Hilfenahme einer LED-Polymerisationslampe (Elipar DeepCure-S, 3M Company, Saint Paul, USA) befestigt und für 24 Stunden bei 37°C in entionisiertem Wasser gelagert.

An jeweils der Hälfte der Kronen aller Gruppen sowie der Kontrollgruppe wurde die initiale Bruchlast mit einer Universalprüfmaschine (Zwick RetroLine, ZwickRoell, Ulm, Deutschland) bestimmt. Die Okklusalflächen der anderen Hälfte der Kronen wurden einem Laserscanner (LAS-20, SD Mechatronik, Feldkrichen-Westerham, Deutschland) gescannt. Im nächsten Schritt wurden alle Kronen einer thermomechanischen Alterung (1.200.000 Kauzyklen, 50 N, 0,7 mm Lateralbewegung, 1,3 Hz, 5°C/55°C) im Kausimulator (CS-4, SD Mechatronik) ausgesetzt. Als Antagonisten dienten Steatit-Kugeln mit einem Durchmesser von 6 mm, welche vorher gescannt worden sind.

Prüfung

Nach dem Alterungsprozess wurden alle Kronen sowie die Antagonisten unter gleichen Bedingungen wie zuvor gescannt. Im Anschluss konnte die Scandatensätze verglichen und Rückschlüsse auf mögliche alterungsbedingte Abrasionseffekte an Kronen und Antagonisten gezogen werden. Es folgte die Bestimmung der Bruchlast der Kronen im gealterten Zustand analog zu der initialen Prüfung.

Ergebnisse

Oberflächenrauigkeit

Die Werte der Oberflächenrauigkeit der verschiedenen Glasurmassen unterscheiden sich je nach Kennwert signifikant (Ra) oder zeigen Tendenzen. Das lithiumsilikatbasierte Glasurspray weist die besten Oberflächeneigenschaften auf. Das leuzitbasierte Glasurspray hingegen die schlechtesten. Die leuzitbasierte Glasurmasse zeigt eher Tendenzen in Richtung des leuzitbasierten Glasursprays.

Zirkonoxid-Kronen

Deskriptive Statistik der ermittelten Oberflächenkennwerte

Bruchlast

Die ermittelten Bruchlastwerte aller oberflächenvergüteten Zirkonoxid-Kronen sowohl vor als auch nach der Alterung weisen keine signifikanten Unterschiede auf. Auch die natürlichen Zähne zeigen keine Alterungseffekte hinsichtlich der Bruchlast. Jedoch unterscheiden sich die Bruchlastwerte der natürlichen Zähne signifikant von denen der Zirkonoxid-Kronen.

Bruchlast

Grafische Darstellung der Bruchlastergebnisse als Boxplots

Weibullstatistik

Sowohl der Weibull-Modul als auch die Werte der charakteristischen Festigkeit aller oberflächenvergüteten Kronen liegen vor und auch nach der Alterung in einem Wertebereich. Signifikante Unterschiede sind bei beiden Kennwerten hingegen nur zwischen allen Gruppen der oberflächenvergüteten Kronen gegenüber denen der Kontrollgruppe mit den natürlichen Zähnen in beiden Alterungsstadien festzustellen.

Weibullstatistik

Materialabtrag

Die statistische Auswertung der Werte des ermittelten Materialverlustes zeigte eine signifikante Korrelation zwischen Abrasions-Höhe und Abrasions-Volumen – sowohl an den Kronen als auch an den Antagonisten. Die Kausimulation bewirkte bei allen glasierten Kronen einen vergleichbaren Materialabtrag. In der Gruppe mit den polierten Zirkonoxid-Kronen konnte hingegen kein Materialabtrag gemessen werden. Die Kontrollgruppe hingegen weist den höchsten Substanzabtrag auf, was wiederum den geringsten Materialverlust am Antagonisten bewirkte; gefolgt von dem Glasurspray auf Lithiumsilikat-Basis. Der Substanzverlust der Antagonisten aller weiteren geprüften Gruppen liegt in einem Wertebereich.

Weibull-Modul

Grafische Darstellung des Materialabtrages (Höhe) als Boxplots

Oberflächenvergütung von Zirkonoxid-Kronen: Schlussfolgerung

Als Schlussfolgerung und Praxis-Tipps für den Umgang mit (oberflächenvergüteten) monolithischen Zirkonoxid-Kronen lassen sich folgende Punkte festhalten:

  • Die Stabilität der untersuchten oberflächenvergüteten monolitischen Restaurationen ist auf das verwendete Zirkonoxid (3. und 4. Generation) zurückzuführen. Eine Oberflächenvergütung durch Applikation einer Glasurmasse ist der durch Polieren im Hinblick auf die Stabilität gleichzusetzen.
    • Bruchlastwerte liegen oberhalb der menschlichen Kaukraft
  • Die Stabilität der oberflächenvergüteten Restaurationen werden durch eine Alterung im Kausimulator mit 1.200.000 Kauzyklen (begleitet durch einen Thermolastwechsel von 5°C zu 55°C) nicht beeinträchtigt.
  • Die untersuchten silikatkeramischen Glasurmassen zur Oberflächenvergütung monolithischer Zirkonoxid-Restaurationen erwiesen sich nicht als abrasionsbeständig. An den polierten Kronen hingegen konnte kein Materialabtrag festgestellt werden. Als Antagonisten schonendste Methode zur Oberflächenvergütung – im Hinblick auf abrasive Vorgänge an den Steatit-Antagonisten –, erwiesen sich die lithiumsilikatbasierte Glasurmasse oder eine Politur.
    • Bei Verwendung von Glasurmassen Zirkonoxid-Oberfläche vor Applikation der Glasurmasse im Kontaktbereich polieren
    • Regelmäßige Kontrolle möglicher Abrasionskontakte durch Zahnarzt bzw. Zahnärztin