Dentaler 3D-Druck: Auch im Bereich der Zahnmedizin und Zahntechnik gewinnt die additive Fertigung u. a. aus wirtschaftlichen Gründen einen immer höheren Stellenwert. Der Artikel gibt einen Überblick zu Verfahren, Anwendungsgebieten und Potenzialen.
Veronika Greil, München
Während bei der subtraktiven Fertigung die Werkstücke mit CAD/CAM-gestützten Verfahren aus einer kompletten Ronde gefräst oder geschliffen werden, sind die Objekte bei der additiven Fertigung (3D-Druck) Schicht für Schicht aufgebaut. Der Herstellungsprozess besteht dabei aus mehreren Schritten:
- 3D-Modell-Akquise (Intraoralscan oder Scan im Labor)
- Erstellen einer STL-Datei (Design des Objekts inkl. Supportstrukturen)
- 3D-Druck
- Nachbearbeitung
Zunächst werden die Daten zur Erstellung eines 3D-Modells generiert. Dabei kann die digitale Abformung mittels eines Intraoralscans direkt am Patienten erfolgen. Alternativ steht das konventionell gefertigte Gipsmodell zur Daten-Akquise zur Verfügung. Anschließend erfolgt die CAD-Konstruktion des zu druckenden Objekts sowie ggf. der Support-Strukturen. Es wird eine STL-Datei erstellt. STL-Files können sowohl für die subtraktive als auch für die additive Fertigung verwendet werden (Computer Aided Design CAD).
Nach Bestimmung der Druckparameter (z. B. Schichtstärke oder Belichtungsdauer) sowie der Definition der Fertigungsoptionen erfolgt im nächsten Schritt des Herstellungsprozesses die eigentliche Fertigung – der 3D-Druck (Computer Aided Manufacturing CAM). Im letzten Schritt steht je nach Drucksystem die Nachbearbeitung der Werkstücke im Fokus, z. B. beim SLA- oder DLP-Druck: Entfernen der Stützstrukturen, herstellerspezifische Reinigung sowie Nachpolymerisation.
Gestaltung eines individuellen Abformlöffels in der Design Software (1) und nach Übertragen in die Software des 3D-Druckers (2)
Dentaler 3D-Druck: Vor- und Nachteile
Der 3D-Druck von Polymeren ist mittlerweile in vielen Anwendungsbereichen angekommen und zeigt sich gegenüber der subtraktiven Fertigung als der attraktivere Herstellungsprozess. Im Gegensatz zur subtraktiven Fertigung, bei der die Restauration aus einer kompletten Ronde herausgefräst wird, verwendet man beim 3D-Druck nur die Materialmenge, welche für das zu druckende Objekt und die Support-Strukturen notwendig ist. Die Möglichkeit, Hohlräume wiederzugeben, vermindert die notwendige Materialmenge weiter. Darüber hinaus bietet die additive Fertigung eine große Objektfreiheit und eine individuelle Farbgestaltung. Einzelne komplexe Bauteile können daher bei diesem Verfahren mit relativ wenig Aufwand schnell und kostengünstig hergestellt werden, ohne dass Formen, Hilfsmittel oder Ähnliches benötigt werden.
Ein enormer Vorteil ist zudem, dass mehrere Restaurationen gleichzeitig hergestellt werden können, wodurch eine wirtschaftlichere und schnellere Fertigung ermöglicht werden kann. Zudem sind die für die additive Fertigung benötigten Geräte im Allgemeinen einfacher aufgebaut und in der Anschaffung deutlich kostengünstiger.
Die Grenzen der additiven Fertigung werden durch die oftmals eingeschränkte Präzision sowie die geringeren mechanischen Eigenschaften im Vergleich zu subtraktiv bearbeiteten und unter optimalen Bedingungen industriell hergestellten Rohlingen gesetzt. Sowohl die Druckrichtung als auch die Umsetzungsrate und Fehler zwischen den einzelnen Schichten können sich negativ auf die Stabilität und die mechanischen Eigenschaften auswirken.
Im DLP-Verfahren 3D-gedruckte Prüfkörper
Anwendungsgebiete dentaler 3D-Druck
Der Stellenwert additiver Fertigungsmethoden in der Zahnmedizin nimmt kontinuierlich zu. Die verwendeten Materialien hängen dabei vom jeweiligen Einsatzgebiet und von den damit geforderten Materialeigenschaften ab. Neben konventionellen Polymeren werden unter anderem keramikinfiltrierte Polymere für definitive festsitzende Restaurationen und Polymere mit Hydroxylapatitzugabe für patientenspezifische Implantate zur Rekonstruktion im Kopf-Hals-Bereich verarbeitet.
Anforderungen, die an den dentalen 3D-Druck gestellt werden, sind unter anderem eine hohe Präzision, Dimensionstreue nach Lagerung, ausreichende mechanische Eigenschaften wie Abrasionsbeständigkeit und eine geringe Sprödigkeit, eine gute Oberflächenqualität sowie Biokompatibilität.
Etablierte Einsatzgebiete des 3D-Drucks in der Zahnmedizin sind:
- Modellherstellung
- Hilfsstrukturen wie Abformlöffel, Schienen und Implantatbohrschablonen
- Provisorien
- Definitiver Zahnersatz
- Rekonstruktionen im Kopf-Hals-Bereich
Vor- und Nachteile des 3D-Drucks von Polymeren
3D-gedruckte Implantatbohrschablone nach dem Post-Processing
Ausblick
Der 3D-Druck lässt sich leicht in den bereits etablierten digitalen Workflow der computergestützten Zahnheilkunde integrieren und zeitaufwendige Arbeitsschritte können optimiert sowie vereinfacht werden. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen allerdings noch wenig Kenntnisse zu 3D-gedruckten Restaurationen und deren klinischen Eigenschaften vor. Allerdings lassen die stetige Weiterentwicklung und Etablierung neuer additiver Fertigungsverfahren das große noch ungenutzte Potenzial der digitalen Zahnmedizin erkennen.