Abb. 1 Konfektionierte Titanabutments ermöglichen oftmals keine äquigingivale Lage des Kronenrandes. Zementreste lassen sich schwer entfernen.
Anja Liebermann, Annett Kieschnick, Bogna Stawarczyk
Okklusionsonlays (auch Table Tops) zählen zu einem modernen Therapiemittel für die Rekonstruktion stark substanzgeschädigter Kauflächen. Als vorteilhaft wird das reduzierte invasive Eingreifen und die vornehmlich defektorientierte Vorgehensweisen beschrieben.
Die sozioökonomischen Veränderungen, die Fortschritte in der Zahnmedizin und ein erhöhtes Bewusstsein für die adäquate Mundhygiene führen dazu, dass Patienten ihre natürlichen Zähne immer länger erhalten. Laut der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie sind die Extraktionsraten aufgrund von kariösen oder parodontalen Läsionen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesunken. Die Anzahl der eigenen Zähne im fortgeschrittenen Alter ist im Umkehrschluss deutlich gestiegen: Jüngere Senioren im Alter von 65 bis 74 Jahren hatten 2014 im Durchschnitt mindestens fünf eigene Zähne mehr als noch im Jahr 1997.
Längerer Zahnerhalt und minimalinvasives Bewusstsein
Vor diesem Hintergrund zeichnet sich ein deutlicher Trend hin zu festsitzenden Restaurationen ab. Der erhebliche Verlust von Zahnhartsubstanz, der mit klassischen Kronen- oder Brückenpräparationen verbunden ist, wird jedoch, u. a. aufgrund des steigenden minimalinvasiven Bewusstseins zunehmend kritisch betrachtet. Es wird versucht, invasiven Maßnahmen so weit wie möglich zu vermeiden oder zumindest auf „später“ im Alter zu verschieben.
Okklusionsonlays für die Rehabilitation der vertikalen Dimension
Als Hauptrisikofaktoren für den frühen Verlust der Zahnhartsubstanz und damit der vertikalen Dimension der Okklusion (VDO) werden zunehmend Attrition, Abrasion und Erosion sowie deren Kombinationen angesehen. Auch jüngere Patienten sind von diesen Problemen betroffen und zeigen Abrasionsgebisse. Die genannten Effekte werden zusätzlich durch die Tatsache verstärkt, dass die Zähne nun viel länger in Funktion bleiben. Umso interessanter ist es, sich klinische Langzeitdaten von minimalinvasiven Okklusionsonlays aus Lithiumdisilikat-Keramik anzusehen. Sind diese auch über einen längeren Zeitraum verlässlich?
Eine klinische Studie untersuchte die Überlebens- und Komplikationsrate von monolithischen Okklusionsonlays aus Lithiumdisilikat-Keramik, die bei Patienten mit Abrasionsgebissen bis zu 11 Jahren in situ waren.
Okklusionsonlays unterscheiden sich von konventionellen Kronen durch ihre geringere Extension nach zervikal und ihre Ausdehnung auf die Kaufläche. Häufig wird auch von Table Tops gesprochen. Okklusionsonlays werden aus keramischen oder polymerbasierten Materialien gefertigt und adhäsiv auf dem Zahn befestigt.
Abb. 1: Ausgangssituation des IV. Quadranten eines Patienten mit Abrasionsgebiss. (Bild: D. Edelhoff)
Abb. 2: Präparation des IV. Quadranten bei einem Patienten mit Abrasionsgebiss mithilfe eines grobkörnigen Okklu Shaper (Komet) mit Tiefenmarkierungen im Mock-up.
Methoden
In einer prospektiven, nicht randomisierten klinischen Studie wurden 7 Patienten (4 Männer, 3 Frauen; Alter: 44,3 ± 6,56 Jahre) mit insgesamt 103 adhäsiv befestigten Okklusionsonlays aus Lithiumdisilikat-Keramik (IPS e.max Press, Ivoclar Vivadent) im Rahmen von Gesamtrehabilitationen versorgt. Alle Restaurationen wurden bei den jährlichen Recalls anhand der parodontalen Parameter nach FDI-Kriterien und den Kriterien des modifizierten United States Public Health Service (USPHS) untersucht:
- (a) marginale Verfärbung,
- (b) Sekundärkaries,
- (c) marginale Integrität,
- (d) Oberflächenstruktur und
- (e) Fraktur mit den Bewertungen Alpha, Bravo und Charlie über einen Beobachtungszeitraum von bis zu 11 Jahren (68 bis 139 Monate; Mittelwert: 94,9 ± 26,1 Monate).
Die Daten wurden mithilfe der Kaplan-Meier-Schätzung statistisch ausgewertet.
Abb. 3 Finale Präparation des IV. Quadranten eines Patienten mit Abrasionsgebiss mithilfe eines feinkörnigen Okklu Shaper (Komet).
Abb. 4 Einprobe der monolithischen Okklusionsonlays aus Lithiumdisilikat-Keramik.
Ergebnisse
Monolithische Lithiumdisilikat-Okklusionsonlays zeigten in der vorliegenden klinischen Studie eine 100%ige Überlebensrate. Vier Restaurationen eines Patienten (3,9 %) zeigten marginale Verfärbungen, eine nach 60 und drei nach 108 Monaten (Bravo-Rating). Eine Restauration (1 %) zeigte nach 120 Monaten eine marginale Rissbildung (technische Komplikation), bewertet mit Bravo. Es konnten keine biologischen Komplikationen, Debondings oder Sekundärkaries festgestellt werden. Die getesteten parodontalen Parameter zeigten gute Ergebnisse.
Klinische Relevanz
Basierend auf den analysierten Daten bis zu 11 Jahren können monolithische Okklusionsonlays aus Lithiumdisilikat-Keramik als zuverlässige Behandlungsoption für die Gesamtrehabilitation bei Patienten mit ausgedehntem Zahnhartsubstanzverlust angesehen werden.
Abb. 5 Adhäsiv befestigte monolithische Okklusionsonlays aus Lithiumdisilikat-Keramik.
Originalpublikation
Edelhoff D, Güth JF, Erdelt K, Brix O, Liebermann. A.Clinical performance of occlusal onlays made of lithium disilicate ceramic in patients with severe tooth wear up to 11 years. Dent Mater 2019;35:1319-1330. doi: 10.1016/j.dental.2019.06.001. Epub 2019 Jun 28 (Link zur Originalpublikation)