Zirkonoxid mit Festigkeitsgradienten

Zirkonoxid

Mehrschichtiges Zirkonoxid mit Festigkeitsgradienten steht im Mittelpunkt dieses Artikels. Eine Forschergruppe der LMU München untersuchte den Einfluss verschiedener Sinterprotokolle auf die mechanischen und optischen Eigenschaften in verschiedenen Schichten. Zusätzlich wurde die Bruchlast von dreigliedrigen Brücken im Ausgangszustand und nach thermomechanischer Alterung analysiert.

Zirkonoxid ist heute in verschiedenen Ausführungen erhältlich. So gibt es beispielsweise mehrschichtige Zirkonoxide mit Farb- und Transluzenzgradienten sowie einem Verlauf der Biegefestigkeit. Die ersten Zirkonoxidwerkstoffe, bestehend aus 3 mol% Yttrium-stabilisierten tetragonalen Zirkonoxidpolykristallen (3Y-TZP), eroberten den Dentalmarkt aufgrund ihrer mechanischen Festigkeit. Eine Umverteilung der Aluminiumoxidpartikel an die Korngrenzen, verbunden mit einer Reduktion der Gesamtmenge an Aluminiumoxid von 0,25 auf 0,05 Gew.-%, führte zur gewünschten Verbesserung der optischen Eigenschaften. Die weitere Verfolgung dieses Ziels führte zur Entwicklung von Zirkonoxiden mit einem erhöhten Anteil an Yttriumoxid (5Y-TZP). Die hohen ästhetischen Eigenschaften dieser Gruppe gingen jedoch mit deutlich reduzierten mechanischen Eigenschaften (Biegefestigkeit: ~ 500 MPa) einher. Dies stellte den zentralen Wettbewerbsvorteil von Zirkonoxidwerkstoffen gegenüber hochästhetischen silikatbasierten Keramiken in Frage. In der Folge wurden 4Y-TZP Zirkonoxide entwickelt – Allrounder mit dem Ziel, optische und mechanische Eigenschaften zu vereinen.

Fragestellung der Untersuchung

Wie wirken sich unterschiedliche Sinterprotokolle auf Korngröße, Kristallphasen, Transluzenz und Biegefestigkeit in den verschiedenen Schichten von mehrschichtigem Zirkonoxid aus?

Verschiedene Zirkonoxid und Einblick in die Werkstoffkunde

Basierend auf Röntgenbeugungsanalysen können die Kristallphasen von Zirkonoxid unter anderem als 

kategorisiert werden. Während 3Y-TZP-Materialien durch ihre Fähigkeit zur tetragonal-monoklinen Phasenumwandlung gekennzeichnet sind, was eine Volumenausdehnung von 3-5 % bewirkt und für die hohe Bruchzähigkeit der Materialien verantwortlich ist, führte eine Erhöhung des Yttriumoxidgehalts zur Entwicklung von vollständig stabilisiertem Zirkonoxiden. Mit der nicht transformierbaren t’- und c-Phase sind Materialien mit einem Yttriumoxidgehalt ≥5 mol % unempfindlich gegenüber hydrothermaler Alterung.

Die neueste Entwicklung bei Zirkonoxiden sind mehrschichtige Rohlinge, wie beispielsweise KATANA Zirconia YML (Kuraray Noritake), das vier verschiedene vertikale Schichten umfasst. Diese Rohlinge imitieren das unterschiedliche ästhetische Erscheinungsbild natürlicher Zähne, von der durchscheinenden Schneidekante bis hin zum opakeren Zahnhals. Dieser Farbverlauf kann entweder durch schrittweise Dotierung mit Pigmenten (Farbgradient-Rohlinge) oder durch die Kombination verschiedener Zirkonoxid-Zusammensetzungen in einem Rohling (Festigkeitsgradient-Rohlinge) erzielt werden. 

Ziel der Untersuchung von mehrschichtigem Zirkonoxid

Um die Herstellung von Restaurationen aus Zirkonoxid optimal in den digitalen Chairside-Workflow zu integrieren, spielt der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle. Daher wurden High-Speed- und Speed-Sinterprotokolle entwickelt. Diese Protokolle nutzen eine verkürzte Haltezeit, die durch eine erhöhte Heizrate und Brenntemperatur ausgeglichen wird. Allerdings beeinflussen Variationen dieser Sinterparameter die Eigenschaften des Zirkonoxids. Das Ziel dieser Studie war es, den Einfluss verschiedener Zirkonoxidmaterialien (3/4Y-TZP, 4Y-TZP, 3Y-TZP) und Sinterparameter auf die Korngröße, Kristallphasen, Transluzenz und biaxiale Biegefestigkeit des Zirkonoxids in vier unterschiedlichen Schichten zu untersuchen. Zusätzlich wurde die Bruchlast von dreigliedrigen Brücken sowohl im initialen Zustand als auch nach thermomechanischer Alterung analysiert.

Material und Methoden 

Drei Zirkonoxidmaterialien (3/4Y-TZP, 4Y-TZP, 3Y-TZP) wurden unter Verwendung von High-Speed-, Speed- oder konventionellen Sinterprotokollen gesintert. Scheibenförmige Prüfkörper, die in vier vertikale Schichten des Rohlings eingebettet waren, wurden auf ihre 

hin untersucht. Zusätzlich wurde die Bruchlast von dreigliedrigen Brücken sowohl im Ausgangszustand als auch nach thermomechanischer Alterung bestimmt. Die thermomechanische Alterung umfasste 1.200.000 mechanische Zyklen, mit einer Belastung von 50 N und einer Frequenz von 1,5 Hz, sowie 6.000 thermische Zyklen bei Temperaturen von 5°C/55°C und einer Verweildauer von 60 Sekunden (Abb. 1).  Die Brucharten wurden klassifiziert und die gesammelten Daten einer statistischen Analyse unterzogen.

Abb. 1 Prüfkörper im Kausimulator

Ergebnisse

4Y-TZP wies einen höheren Anteil an c- und t‘-Phase sowie einen geringeren Anteil an t-Phase auf im Vergleich zu 3Y-TZP (Abb. 2). Zudem zeigte 4Y-TZP bessere optische Eigenschaften, aber schlechtere mechanische Eigenschaften im Vergleich zu 3Y-TZP. Die Transluzenz aller Materialien nahm von Schicht 1 bis Schicht 4 ab. Die höchsten Bruchlastwerte wurden bei 3/4Y-TZP gemessen, gefolgt von 3Y-TZP, während 4Y-TZP die geringste Bruchlast aufwies. Bei 4Y-TZP beeinflussten die Sinterparameter direkt die Korngröße (Abb. 3) und die Transluzenz, während die mechanischen Eigenschaften weitgehend unverändert blieben. Die Sinterparameter beeinflussten 3Y-TZP auf unterschiedliche Weise. Nach thermomechanischer Alterung wurden vergleichbare oder sogar höhere Bruchlastwerte festgestellt.

Abbildung 2. Variation der Kristallphasen je nach Zirkonoxidmaterial, Zirkonoxidschicht und Sinterprotokoll.
Abb. 3 Rasterelektronenmikroskop (REM)-Aufnahmen zeigen eine Variation von größeren und kleineren Körnern in Abhängigkeit vom Material und dem verwendeten Sinterprotokoll.

Schlussfolgerungen für mehrschichtiges Zirkonoxid

Die in dieser Untersuchung höchsten Bruchlastwerte von 3/4Y-TZP unterstreichen die Effektivität des Einsatzes von Festigkeitsgradienten in mehrschichtigen Rohlingen. Dies ermöglicht hohe optische Eigenschaften im Bereich der Schneidekante und sichert gleichzeitig robuste mechanische Eigenschaften in den tieferliegenden Bereichen, auf welche Zugkräfte wirken. Selbst nach thermomechanischer Belastung übertrafen alle Gruppen die maximalen Kaukräfte, was auf eine vielversprechende Stabilität der untersuchten dreigliedrigen Brücken hinweist.

Untersuchung

Die hier präsentierten Ergebnisse stützen sich auf folgende Untersuchung: Mayinger F, Ender A, Strickstrock M, Elsayed A, Nassary Zadeh P, Zimmermann M, Stawarczyk B.  Impact of the sintering parameters on the grain size, crystal phases, translucency, biaxial flexural strength, and fracture load of zirconia materials. J Mech Behav Biomed Mater, 2024, 155:106580

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Montag, 20. November 2024
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