Natürlich ist Zirkonoxid längst kein Geheimtipp mehr, überrascht aber immer wieder mit neuen Entwicklungen und Perspektiven. Im Zentrum des TEAM-Talks #6 „Zirkonoxid in Praxis und Labor – Update 2024″ standen daher vier Schlüsselfragen, die aus den diversen Blickwinkeln der Zahnmedizin, Zahntechnik, Werkstoffkunde und Dentalindustrie erörtert wurden.
- Was unterscheidet ein Zirkonoxid der 3. Generation von einem der 5. Generation?
- Welchen Einfluss hat das High-Speed-Sintern?
- Wie sollten Zirkonoxid-Restaurationen befestigt werden und was ist zu beachten?
- 3D-Druck und Zirkonoxid: Wie ist der aktuelle Stand?
Die Aufzeichnung des TEAM-Talks #6 ist als Video frei zugänglich, um zu informieren und zu inspirieren. Wir danken allen Teilnehmenden für ihre aktive Beteiligung und die bereichernde Diskussion.
Was unterscheidet ein Zirkonoxid der 3. Generation von einem der 5. Generation?
Die Unterscheidung zwischen Zirkonoxid der 3. und 5. Generation beruht auf einigen wesentlichen Eigenschaften:
- Zusammensetzung: Zirkonoxid der 3. und der 5. Generation sind kubisch-tetragonale Zirkonoxide mit hoher Transluzenz. Der Unterschied liegt im Aluminiumoxidgehalt; 0,05 % Al2O3 bei der 3. Generation gegenüber 0,02 % Al2O3 bei der 5. Generation. Außerdem sind in der 5. Generation dem Werkstoff zusätzliche Kornwachstumstopper eingebaut, die dazu führen, dass die Korngröße für eine 5Y-TZP Keramik relativ klein ist.
- Festigkeit und Ästhetik: Die Änderung der Korngröße und die Verringerung des Aluminiumoxidgehalts bei der 5. Generation zielen darauf ab, die mechanische Festigkeit zu erhöhen, ohne die Transluzenz (Ästhetik) zu beeinträchtigen.
- Die 5. Generation wurde erstmalig in einer Multi-Generations-Zirkonoxidronde eingebaut. Hier sind die 4. Generation mit der 5. Generation kombiniert, um die optischen Eigenschaften (basal opaquer als okklusal) zu optimieren. Die Festigkeit ist im kompletten Rohling nahe zu gleich.
TEAM-Talk Diskussion
In der Diskussion wurde ein wesentliches Manko in der Kommunikation seitens einiger Hersteller kritisch betrachtet. Es geht um fehlende Angaben über verschiedene Festigkeitswerten bei Multi-Generationen-Zirkonoxid. Anwender stehen vor der Herausforderung, Produkte objektiv bewerten und für ihre Anforderungen auswählen zu wollen. Dies erweist sich oft als schwierig, insbesondere wenn Hersteller lediglich Durchschnittswerte für den gesamten Rohling angeben, ohne auf spezifische Werte der einzelnen Schichten einzugehen. Dies wird als unzureichend und sogar irreführend empfunden. Der Durchschnittswert vermittelt keinen realistischen Einblick in die Leistungsfähigkeit mehrschichtigen Zirkonoxids. Es ist viel wichtiger zu wissen, wie sich die einzelnen Schichten – sei es aus 3Y-TZP, 4Y-TZP oder 5Y-TZP – in Bezug auf ihre Festigkeit verhalten. Dies stellte einen Aufruf an die Hersteller dar. Nur durch detaillierte Informationen können Anwender fundierte Entscheidungen treffen, Produkte auswählen, die sowohl den ästhetischen als auch den funktionellen Anforderungen gerecht werden, aber vorallem die Restaurationen sicher und langzeitstabil in der Ronde positionieren.
Welchen Einfluss hat das High-Speed-Sintern?
Der konventionelle Sinterprozess von Zirkonoxid, der oft mehr als sieben Stunden dauert, kann in bestimmten Situationen eine Einschränkung darstellen. Das High-Speed-Sintern bietet hier eine effiziente Lösung mit einigen Vorteilen, z. B.
- Schnelle Wiederholung von Arbeiten im Dentallabor
- Verzicht auf Provisorien, beispielsweise bei geriatrischen Patienten (direkte Eingliederung der definitiven Versorgung)
- Zeitersparnis für Patienten, z. B. in Fällen, in denen es schwierig ist, mehrere Termine zu vereinbaren
- Wettbewerbsvorteil durch schnellere Fertigungszeiten
Technologisch ermöglicht wird das High-Speed-Sintern durch spezielle Sinterparameter, die eine Verkürzung der Sinterzeit auf bis zu 30 Minuten erlauben, ohne die Eigenschaften des Zirkonoxids negativ zu beeinflussen. Wichtig ist jedoch die Verwendung von speziell für das High-Speed-Sintern freigegebenen Zirkonoxidrohlingen sowie speziellen Sinteröfen. Derzeit sind zwei verschiedene Arten von Sinteröfen für das High-Speed-Sintern auf dem Markt, die sich technologisch grundlegend unterscheiden. Eine genaue Betrachtung der zugrunde liegenden Technologie wird empfohlen.
TEAM-Talk Diskussion
Die Diskussion über mögliche Veränderungen der lichtoptischen Eigenschaften durch das High-Speed-Sintern zeigte ein interessantes Spannungsfeld zwischen subjektiven Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen. Einige Teilnehmende äußerten die Befürchtung, dass sich die lichtoptischen Eigenschaften beim High-Speed-Sintern verändern könnten, insbesondere bei großvolumigen Brückengliedern. Diese Bedenken beruhen jedoch auf persönlichen Erfahrungen oder Erwartungen und nicht auf objektiven, wissenschaftlich fundierten Daten. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass keine signifikanten Veränderungen der lichtoptischen Eigenschaften von Zirkonoxid durch das High-Speed-Sintern zu erwarten sind. Aber … ein wichtiger Punkt ist die regelmäßige Kalibrierung und Reinigung der Sinteröfen. Unzureichende Wartung kann zu ungleichmäßigen Sinterergebnissen führen, die u. a. die lichtoptischen Eigenschaften beeinträchtigen können. Außerdem müssen die Rohlinge, die für das High-Speed-Sintern zugelassen sind, speziell farblich eingestellt werden, nur dann stimmen die lichtoptischen Eigenschaften nach dem Sintern.
Wie sollten Zirkonoxid-Restaurationen befestigt werden und was ist zu beachten?
Kleben oder Zementieren – jede Methode hat ihre Anforderungen und Vorteile. Die adhäsive Befestigung (Kleben) erhöht die Gesamtstabilität der Restauration und bietet ästhetische Vorteile. Sie ist jedoch technisch anspruchsvoll und erfordert eine sorgfältige Anwendung. Für die adhäsive Befestigung von Zirkonoxid sind Phosphatmonomere (MDP) im Befestigungssystem entscheidend. Diese verbessern den Haftverbund zwischen Zirkonoxid und Befestigungsmaterial. Es ist auf einen hohen Reinheitsgrad des MDP zu achten, da Verunreinigungen die Verbundfestigkeit beeinträchtigen. Eine Zementierung wird häufig bei ästhetisch weniger anspruchsvollen Restaurationen eingesetzt und/oder wenn die Voraussetzungen für eine adhäsive Befestigung (z. B. Trockenlegung, Präparationsdesign) nicht gegeben sind. Zemente sind in der Anwendung weniger techniksensibel. Bei Brücken wird grundsätzlich eine adhäsive Befestigung empfohlen.
TEAM-Talk Diskussion
Die Diskussion über die adhäsive Befestigung hat gezeigt, dass trotz der vielen Vorteile dieser Methode ein Debonding (Ablösung der Restauration) auftreten kann. Dieses Problem wird vor allem auf die Techniksensitivität der adhäsiven Befestigung zurückgeführt. Bereits geringe Abweichungen von den Herstellerangaben können das Risiko eines Debondings erhöhen. Es wurde darauf hingewiesen, das Verfallsdatum der Materialien zu beachten und keine Materialien zu verwenden, deren Verfallsdatum überschritten ist – kompromisslos. Auch die Lagerung der Materialien beeinflusst deren Wirksamkeit. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, müssen die Herstellerangaben (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Lichtexposition) eingehalten werden. Darüber hinaus wurde empfohlen, mit dem Materialsystem eines einzigen Anbieters zu arbeiten. Die Produkte eines Anbieters sind in der Regel aufeinander abgestimmt, was die Kompatibilität erhöht und das Risiko von Problemen wie Debonding verringert.
3D-Druck und Zirkonoxid: Wie ist der aktuelle Stand?
Eines der aktuellsten Themen in der dentalen Werkstoffkunde ist derzeit der 3D-Druck von Zirkonoxid. Der gegenwärtige Stand spiegelt eine spannende Phase der technologischen Entwicklung und klinischen Erprobung wider. Hier einige Punkte zusammengefasst.
- Technische Umsetzung: Die additive Fertigung von Zirkonoxid-Restaurationen erfolgt durch den Druck eines Schlickers, der aus einer Mischung von Zirkonoxid-Partikeln und einem photosensitiven Harz besteht. Dabei wird der Schlicker selektiv belichtet und ausgehärtet. Nach diesem Prozess muss das gedruckte Werkstück entbindert und anschließend gesintert werden.
- Klinische Ergebnisse: Bisherige Forschungsergebnisse und klinische Kurzzeitstudien zeigen vielversprechende Ergebnisse. Hervorzuheben ist die hohe optische Übereinstimmung mit natürlichen Zähnen.
- Zulassungsverfahren und Verfügbarkeit: Aufgrund des aufwendigen Zulassungsverfahrens gibt es bisher nur einen Hersteller, der ein zugelassenes System für den 3D-Druck von dentalen Zirkonoxid anbietet. Dies unterstreicht die Herausforderungen, denen sich Hersteller bei der Einführung neuer Technologien stellen müssen.
- Wirtschaftliche Aspekte: Obwohl die additive Fertigung von Zirkonoxid technisch machbar ist, sind die Verfahren aus wirtschaftlicher Sicht noch nicht vollständig ausgereift. Ein Faktor ist die lange Entbinderungszeit – Ausbrennen des organischen Binders –, die den gesamten Fertigungsprozess sehr zeitintensiv macht.
Es scheint jedoch eine Frage der Zeit zu sein, bis die additive Fertigung von Zirkonoxid eine breitere Anwendung findet.
TEAM-Talk Diskussion
Die Diskussion zum Thema zeigte deutlich, dass die Erwartungen an diese Technologie hoch sind. Einer der größten Vorteile des 3D-Drucks ist die Möglichkeit, komplexe geometrische Strukturen präzise anzupassen. Theoretisch ist nahezu jede Geometrie realisierbar, was insbesondere bei komplexen Fällen von Vorteil sein kann. Im Gegensatz zum Fräsen, bei dem die Geometrie begrenzt ist, ermöglicht der 3D-Druck die Herstellung von Restaurationen auch bei schwierigen Präparationswinkeln; ohne Fräser-Radius-Korrektur. Ein spannender Aspekt ist auch die potenzielle Möglichkeit, verschiedene Arten von Zirkonoxid in einer Restauration zu kombinieren. Dadurch könnten unterschiedliche Festigkeiten, Transluzenzen oder Farben in einem Werkstück erzielt werden.
Schlussfolgerung
Und so stellte der TEAM-Talk #6 wieder eine Plattform für den Austausch von Wissen und Erfahrungen dar. Die lebhaften Diskussionen zeigten, dass eine kontinuierliche Forschung und Entwicklung sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen Praxis, Labor, Wissenschaft und Dentalindustrie unerlässlich sind. Dieser interdisziplinäre Austausch ist charakteristisch für den EADT e.v.
Hinweis zum On-Demand-Video
Für alle, die den TEAM-Talk #6 verpasst haben oder die Diskussionen noch einmal Revue passieren lassen möchten, steht die Aufzeichnung jetzt als On-Demand-Video zur Verfügung. Wir laden Euch herzlich ein, sich diese informative und inspirierende TEAM-Talk-Episode anzusehen.