Hybridabutments: Am 20. Oktober fand der erste TEAM-Talk des EADT e.V. statt und beleuchtete von allen Seiten das Thema „Zweiteilige Abutments“. Das neue interaktive Online-Format dient dem gezielten Wissensaustausch. Hierbei lebt der TEAM-Talk vom Mitmach-Prinzip. Die Teilnehmenden sind nicht nur passive Zuhörer, sondern können sich auch aktiv beteiligen. Moderiert wird der kurzweilige Online-Talk von Carsten Fischer.
Im Fokus des erste TEAM-Talks standen drei zentrale Fragestellung rund um zweiteilige Abutments (Hybridabutments), die zusammen mit den Teilnehmenden besprochen und diskutiert wurden. Einige der Kernaussagen fassen wir hier zum Nachlesen zusammen. Vielfach finden Sie weiterführende Verlinkungen zu entsprechenden Artikeln. Diese enthalten Literaturverweise zu wissenschaftlichen Untersuchungen und Publikationen.
Hybridabutments: Zweiteilige Abutments – Fragestellung und Fazit
1. Sind die Hybridkrone und das Hybridabutment plus Krone gleichermaßen sicher?
Zweiteilige Abutments (Hybrid-Abutments) bestehen aus zwei Teilen – meist aus unterschiedlichen Werkstoffen – die miteinander verbunden sind. Sie bestehen aus einer Titanklebebasis (Ti-Base) und einem dazugehörigen Aufbau. In der Literatur werden meist Aufbauten aus Zirkonoxid beschrieben. Die Titanklebebasis stellt eine bekannte metallische Schraub-Verbindung zwischen Titanimplantat und Abutment her. Der Aufbau/Kone wird meist individuell aus Zirkonoxid angefertigt. Somit besteht die Möglichkeit, vor allem in der ästhetischen Zone, zahnfarbene Werkstoffe als Abutment-Material einzusetzen.
Studien (z. B. Wolfart et al., 2006) zeigten gute Verbundmöglichkeiten zu keramischen Werkstoffen wie Zirkonoxid. Eschbach et al. (2007) untersuchten die Klebeverbindung und die Klebefuge. Klebefugen mit einem Spalt von 30 μm zeigten signifikant höhere Haftwerte als Klebefugen mit einem Spalt von 60 μm.
Durch die digitale CAD/CAM-Fertigung in der Herstellung des Aufbaus können heute kleine Spaltmaße erzeugt werden. Die Verbindung zwischen keramischem Aufbau und Titan-Klebebasis wird durch eine adhäsive Befestigung erzeugt. Diese Verklebung soll mit einem Verklebungsprotokoll nach Herstellerangaben durchgeführt werden. Eine präzise Passung und ein validiertes Klebeprotokoll von Titanbasis und Aufbauteil führen zu einer hohen Verbundfestigkeit der Klebeverbindung (Gehrke et al). Sailer et al. zeigten ähnliche Bruchlasten von Titan/Zirkonoxid basierten Hybrid-Abutments mit einem kleinen Durchmesser (Implantat-Durchmesser 3,3-3,5 mm) im Vergleich zu konventionellen Titan-Abutments. Meyer R (2009) untersuchte die Größe der Klebefläche im Bezug zur Abzugskraft.
Die Gesamtfestigkeit nimmt mit vertikaler Höhe der Titanbasis zu. Die Klebefläche sollte dabei eine Höhe von mindestens 4 mm und eine Klebefläche von mindestens 35 mm2 aufweisen.
Aus Sicht der aktuellen Literatur sind Hybridabutmentkronen und Hybridkronen in Bezug auf die Klebeverbindung gleichermaßen sicher, wenn die Größe der Klebefläche, ein validiertes Klebeprotokoll und das Spaltmaß der Klebefuge eingehalten werden. Außerdem wurde in der Diskussion die Wichtigkeit der extraoralen Verklebung unterstrichen.
2. Wie ist die metallische Klebebasis vorzubereiten und welche Eigenschaften des Klebers sind notwendig für den Erfolg?
Die Titanbasis und der Aufbau werden dauerhaft adhäsiv befestigt. Hierbei ist es entscheidend, dass im ersten Schritt die zu verklebende Flächen gereinigt und vergrößert werden. Etabliert hat sich das Korundstrahlen mittels Aluminiumoxid (mikroretentiver Verbund). Häufig wird das Aluminiumoxid mit der mittleren Partikelgröße von 50 µm gewählt. Die Oberfläche soll in einem Winkel von 45° und einem Abstand von 10 mm gestrahlt werden. Im zweiten Schritt werden die Oberflächen mittels Primer/Silan konditioniert. Dabei soll das Verfallsdatum des Adhäsivsystems unbedingt beachtet werden. Ist die Flüssigkeit milchig, sollte der Primer/Silan nicht mehr verwendet werden. Es kann zwischen Ein- und Zwei-Flaschen-Silanen unterschieden werden. Bei den Ein-Flaschen-Systemen wurde die Hydrolyse bereits durchgeführt. Diese Materialien sind haben eine kürzere Haltbarkeit als Zwei-Flaschen-Systeme bei denen der Anwender durch das Vermischen beider Flüssigkeiten das Silan erst hydrolysiert/aktiviert. Wichtig ist, dass das Adhäsivsystem mit dem Befestigungskomposit abgestimmt ist; hier macht es Sinn bei einem Hersteller zu bleiben, da das Mischen von Produkten verschiedener Hersteller eine kontraproduktive Wirkung haben kann.
3. Sind zweiteilige Abutments ein sicheres Versorgungskonzept?
Diskutiert wurden beim TEAM-Talk u. a. die Fragestellung „verschraubt vs. zementiert“. Der Wunsch nach einem einfachen Versorgungskonzept bei festsitzenden Implantat-Restaurationen ist groß. Durch den Einsatz von monolithischen keramischen Materialien für Implantat-Versorgungen ist die Titanklebebasis als Verbindungsglied zwischen Implantat und Krone/Abutment zu sehen. Die Verklebung stellt die mechanische Verbindung zwischen Implanataufbau (Ti-Base) und Restaurationsmaterial her.
Bei der okklusal verschraubten Hybridkrone ist die Höhe der Titan-Klebebasis zum Verhältnis der Kronenlänge zu setzen. Wie schon in Frage 1 erwähnt, spielt die Größe der Klebefläche eine wichtige Rolle. Verschiedene Implantat-Hersteller bieten unterschiedliche Höhen an Klebebasen an. Je höher die Titan-Klebebasis, je größer ist der Abzugswert. Bei verschraubten Implantatversorgungen sollte die Schraubenöffnung im okklusalen Bereich bei Seitenzähnen und im palatinalen Bereich bei Frontzähnen liegen. Durch die Möglichkeit der Angulation von Schraubenkanälen, können okklusale Öffnungen auch bei schwierigen Angulationen optimal positioniert werden.
Vorteil der verschraubten implantatgetragenen Rekonstruktion gegenüber der zementierten Implantatkrone ist ihre einfache Abnehmbarkeit, wie es z. B. bei Keramikfrakturen oder Schraubenlockerung notwendig sein kann. Außerdem lässt sich beim Eingliedern der Druck auf das Gewebe stufenweise durch langsames Anziehen der Okklusalschraube anpassen.
Die Diskussion des EADT TEAM-Talk zeigte aber auch den größten Nachteil von okklusal verschraubten Implantatkronen/-brücken (vor allem bei innenrotationsgesicherten Implantatverbindungen) auf. Stimmt die Einschubrichtung der Implantatachse bei Einzelkronen nicht mit der Einschubrichtung der approximalen Kontaktpunkte überein, erschwert dies die Eingliederung. Meist entstehen ungewollt große interdentale Dreiecke. Der exakte Sitz der Implantatverbindung der Hybridkrone lässt sich dadurch schwer kontrollieren.
Zementierte, implantatgetragene Suprakonstruktionen können bei einer ungünstigen Position des zukünftigen Schraubenkanals aufgrund der prothetisch inkorrekten Implantatachse zum Einsatz kommen. Bei zementierten Verbindungen werden vor allem im Sulkus verbleibende Zementreste als möglicher Auslöser für peri-implantäre Erkrankungen gesehen (Wilson 2009). Linkevicius et al. konnten zeigen, dass die zunehmende subgingivale Lage des Kronenrandes mit vermehrt verbleibenden Zementresten einhergeht (Linkevicius et al. 2013). In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, dass die meisten Studien standardisierte, konfektionierte Abutments verwenden. Individuelle Abutments ermöglichen eine äquigingivale Lage des Kronenrandes und damit eine Verminderung von subgingivalen Zementresten.
Zementierte Implantatkronen und Brücken, lassen sich in Bezug auf den approximalen Kontaktpunkt leichter eingliedern als verschraubte. Durch die konische Stumpfpräparation (4-6 Grad) des Abutments hat die Einschubrichtung eine höhere Varianz.
Nachteil zementierter Implantat-Restaurationen ist die fehlende Möglichkeit des Entfernens der Krone. Notwendig wird dies bei Schraubenlockerung oder Schraubenbruch, sowie bei Keramikfrakturen/Verblendfrakturen, dem sog. Chipping, einer der häufigsten technischen Komplikationen von keramischen Implantat-Restaurationen (Schwarz et al. 2012). In den meisten klinischen Fällen müssen diese Kronen folglich trepaniert und damit zerstört werden, um den Schraubenkanal zu erreichen und die Krone herausschrauben zu können.
Die Diskussion zeigte, dass zweiteilige Abutments ein sicheres Versorgungskonzept darstellen. Unklar war die Bewertung einer biologischen Komplikation des Klebespaltes. Die Präzision des Spaltmaßes der Klebefuge, die Qualität der adhäsiven Verklebung von Titan-Klebebasis und Aufbau/Krone und die Größe der Klebeoberfläche haben den größten Einfluss auf den Erfolg von zweiteiligen Abutments. Der EADT TEAM-Talk zeigte die Wichtigkeit der ausgewählten Technik.
Gerade das Verhältnis von der Klebeoberfläche der Titan-Klebebasis zum Kronenaufbau/Kronenlänge lässt wissenschaftliche Fragen offen.
EADT e.V. Statement
- Der Wunsch der Patienten steht bei der Materialwahl stets an erster Stelle. Das implantatprothetische Arbeitsteam sollte gemeinsam über die Möglichkeiten diskutieren. Durch die Teamarbeit ist es möglich, die Kompetenz zu bündeln.
- Bei der adhäsiven Befestigung sollten stets die Herstellerangaben berücksichtigt werden und die angewendeten Materialien aufeinander abgestimmt sein.
- Das Verkleben der Titanklebebasis sollte stets laborseitig erfolgen.
- Die Auswahl „verklebt/zementiert“ sollte stets patientenindividuell erfolgen (z. B. Verschluss der Interdentalräume und Position der Implantate).
- Der Verwendung von Originalimplantatteilen sollte der Vorzug gegeben werden.
Der nächste TEAM-Talk findet am 15. Dezember um 17.00 Uhr mit dem Thema „Zirkonoxid“ statt. Wir freuen uns schon auf die nächste Runde!
Lesetipp EADT e.V.: Zahntechnische Aufbereitungs- und Reinigungsverfahren von Implantat-Aufbauten