Kurzbericht über ein zweijähriges interdisziplinäres Entwicklungsprojekt

Die Idee der Tiefziehverblendung wurde 2012/2013 von ZT Marlis Eichberger und ZT Josef Schweiger (beide LMU München) zum Patent angemeldet und im Jahr 2014 erstmals in einer Publikation vorgestellt [1]. Vier Jahre danach wird in der aktuellen Ausgabe der Quintessenz Zahntechnik (11/2018) vom Autorenteam über die erfolgreiche Umsetzung der zum Patent angemeldeten Verblendtechnologie berichtet (Autoren: Nina Lümkemann, Marlis Eichberger, Ralph Riquier, Norbert Schuhmann, Andreas Gesewsky, Bogna Stawarczyk).

Autorin: Annett Kieschnick

Die Idee dahinter

Grundgedanke hinter der Tiefziehverblendung ist, eine keramisch verblendete oder vollanatomische Krone durch eine Tiefziehverblendung aus thermoplastischem Werkstoff zu ersetzen. So soll das schwächste Glied bei verblendeten Kronen und Brücken – die Verblendung – durch ein thermoplastisches Material ausgetauscht und ein Abplatzen (Chipping) vermieden werden. Zudem kann eine polymerbasierte Verblendung gewisse Dämpfungseigenschaften mit sich bringen, welche in Bezug auf den Antagonisten und das Kiefergelenk von Vorteil sein könnten.

Zu den definierten Materialanforderungen für die Tiefziehverblendung zählen hohe mechanische und thermische Eigenschaften, Tiefziehbarkeit, eine entsprechende Ästhetik sowie Beständigkeit gegenüber Verfärbungen und Abrasionen. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, war für die Verblendtechnologie mittels Tiefziehtechnik u. a. die Entwicklung einer tiefziehbaren Folie notwendig. Entwickelt wurde eine Polyetheretherketon (PEEK)-basierte Tiefziehfolie (Lehrstuhl für Medizintechnik der Technischen Universität München). Zur Herstellung der Tiefziehfolie wurde ein spezielles Spritzgusswerkzeug konstruiert.

PEEK-Tiefziehfolien in zwei verschiedenen Farbtönen (Bild: M. Eichberger)

Vorgehen

In einer CAD-Software werden ein vollanatomisches Gerüst konstruiert und entsprechend der Folienschichtstärke virtuell ein okklusales Cut-back vorgenommen. Entsprechend der Folienstärke wird die Außenkontur des Zahnes virtuell um ein definiertes Maß reduziert und hierbei werden die verschiedenen Effekte bzw. unterschiedliche Verblendstärken von der Software individuell berücksichtigt. DerDatensatz des Gerüsts gibt die exakte okklusale Morphologie (reduzierte Größe) wieder und wird aus Zirkonoxid gefräst. Die reduzierte Morphologie bietet nun die Basis für das Tiefziehen der PEEK-Folie. Nach dem Ausarbeiten von Gerüst und Tiefziehverblendung erfolgt das Verkleben mit einem chemisch härtenden, adhäsiven Befestigungskomposit.

Tiefgezogene Verblendung (PEEK) von der Unterseite und von okklusal betrachtet (Bild: M. Eichberger)

Ergebnisse nach zwei Jahren

Das Vorgehen wurde über eine Laufzeit von zwei Jahren innerhalb eines interdisziplinären Projektteams von Wissenschaftlern, Dentaltechnologen und Zahntechnikern entwickelt und im Rahmen eines ZIM-Kooperationsprojektes von der AiF e.V. gefördert (ZF4052001MU5). Im Kooperationsprojekt haben zusätzlich zur Werkstoffkunde-Abteilung der Zahnärztlichen Prothetik an der LMU der Medizintechniklehrstuhl der TU München, Firma Dreve und die Firma Pagoda Systems mitgewirkt. Mit Rückblick auf die vergangene Laufzeit und den erzielten Ergebnissen berichtet das Team insgesamt von einer erfolgreichen Umsetzung. Der gesamte Prozess zur Herstellung eines okklusal reduzierten Zirkonoxid-Gerüstes, das mithilfe der Tiefziehtechnik mit dem biokompatiblen Hochleistungsthermoplasten PEEK verblendet wird, konnte in einer interdisziplinären Zusammenarbeit umgesetzt werden. Die Technologie ist derzeit noch nicht für den Alltag in einem zahntechnischen Labor verfügbar, kann jedoch als eine gute Grundlage für weitere Entwicklungsideen und Forschungsvorhaben erachtet werden.

[1] Eichberger M, Edelhoff D, Schäfer J, Schweiger J, Stawarczyk B. Die Tiefziehverblendung. Quintessenz Zahntechnik 2014;40:548-569