Abstrahlen oder Ätzen? Die Oberflächenvorbehandlung von Silikatkeramik-Restaurationen vor der adhäsiven Befestigung steht im Fokus der hier vorgestellten Studie. An 216 CAD/CAM-Prüfkörpern wurde der Einfluss verschiedener Strahlmittel auf Oberflächenenergie, -rauheit und Biegefestigkeit analysiert. Die Ergebnisse zeigen: Bestimmte Strahlpartikel könnten eine Alternative zur risikobehafteten Flusssäureätzung darstellen.
Silikatkeramiken sind aufgrund ihrer ästhetischen Eigenschaften und minimalinvasiven Therapieoptionen gefragt und werden häufig für CAD/CAM-gefertigte Inlays, Onlays und Veneers verwendet. Zur intraoralen Befestigung werden diese Restaurationen klassischerweise mit Flusssäure geätzt. Die Verwendung von Flusssäure birgt jedoch sowohl für das Praxisteam als auch für den Patienten gesundheitliche Risiken und erfordert daher einen erhöhten Aufwand an Sicherheitsmaßnahmen.
Abstrahlen der Oberfläche
Eine Alternative zum Ätzen ist das Strahlen zur Aufrauhung der Oberfläche. In der Zahntechnik gibt es verschiedene Arten von Strahlmitteln, die sich im Hinblick auf das Material, aus dem sie bestehen, die Partikelgröße und die Partikelform grundlegend unterscheiden. Auch Faktoren wie der Strahldruck, der Abstand der Strahldüse zum Objekt und der Winkel sind entscheidende Einflussgrößen auf das Ergebnis. Insbesondere bei spröden Werkstoffen mit geringer Festigkeit (z. B. Feldspatkeramik) besteht jedoch ein hohes Risiko, dass die Restauration beim Strahlprozess oberflächlich mit Mikrodefekten geschädigt wird.
Die oberflächlichen Mikrodefekte können sich negativ auf die Gesamtstabilität auswirken und müssen daher durch die richtige Wahl der Parameter (Strahlmittel, Strahldruck, Abstand und Winkel) unbedingt vermieden werden.

Material und Methoden
Für die Studie wurden 216 quadratische Prüfkörper aus silikatkeramischen CAD/CAM-Blöcken (VITA MARK II) hergestellt. Anschließend wurden die Prüfkörper unter standardisierten Bedingungen mit einem Abstand von 10 mm, ein einem Winkel von 45° und einem Druck von 0,5 bar abgestrahlt (Abbildung 1). Als Kontrollgruppe diente jeweils eine Gruppe, bei der die Oberfläche konventionell mit 9%igem Flusssäuregel geätzt wurde und eine Gruppe, bei der die Oberfläche poliert wurde.
Ergebnisse im Überblick

Oberflächenenergie: Eine geringe Oberflächenenergie führt zu einer geringeren Benetzbarkeit der Restaurationsinnenseite mit dem Befestigungsadhäsiv, was zu einer verminderten Verbundfestigkeit führt und auch die mechanische Stabilität der Restauration negativ beeinflussen kann. Nach dem Abstrahlen mit bestimmten Partikeln konnten jedoch ähnliche Werte wie nach dem Ätzen mit Flusssäure festgestellt werden.

Oberflächenrauheit: Eine höhere Rauheit ist vorteilhaft für die Befestigung vorteilhaft, da sie eine bessere mechanische Verankerung des Befestigungsadhäsivs ermöglicht. Das Abstrahlen mit größeren oder eckigeren Partikeln erhöhte die Oberflächenrauheit, wobei die Verwendung von Aluminiumoxidpartikeln besonders gute Ergebnisse zeigte.

Biegefestigkeit: Keramische Restaurationswerkstoffe müssen nach DIN EN ISO 6872 je nach Indikation eine bestimmte Biegefestigkeit aufweisen. Das Zusammenspiel aus Restaurationswerkstoff, Vorbehandlungsmethode und Befestigungsmaterial bestimmt restaurationsseitig die Stabilität. Durch die Wahl bestimmter Partikel konnten durch Abstrahlen vergleichbare Festigkeitswerte zum Ätzen erzeugt werden. Es zeigte sich jedoch, dass nicht alle Partikeltypen gleich gut geeignet sind. Siliziumoxidpartikel mit einer Korngröße von 100-200 µm führten zu einer geringeren Biegefestigkeit, was auf mögliche Mikroschädigungen der Oberfläche zurückgeführt werden kann.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse dieser Untersuchung legen nahe, dass das Abstrahlen mit bestimmten Partikeltypen eine vielversprechende Alternative zum Ätzen mit Flusssäure darstellt. Das Abstrahlen bietet ähnliche mechanische Vorteile ohne die mit Flusssäure verbundenen Gesundheitsrisiken. Die Partikel müssen jedoch sorgfältig ausgewählt werden, um optimale Ergebnisse in Bezug auf Haftung und Langzeitstabilität zu gewährleisten.
Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die langfristigen Auswirkungen des Abstrahlens auf die klinische Performance von Silikakeramiken zu klären.
Untersuchung
Die hier präsentierten Ergebnisse stützen sich auf die folgende Untersuchung: Hoffmann M, Schmeiser F, Donmez MB, Meinen J, Stawarczyk B.
Surface Modification of Feldspathic Ceramic Used for Minimally Invasive Restorations: Effect of Airborne Particle Type on the Surface Properties and Biaxial Flexural Strength. Materials 2024, 17(15), 3777; https://doi.org/10.3390/ma17153777