Implantatprothetik (Teil 2) – verschraubt oder zementiert?

Implantatprothetik (Teil 2) – verschraubt oder zementiert?

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Andreas Kunz, Dr. Insa Herklotz

Verschraubt oder zementiert in der Implantatprothetik – eine Frage der Präferenz oder gibt es fallbezogene Entscheidungsfaktoren? 

Im ersten Teil des Artikels zur Implantatprothetik haben die Autoren einen kurzen allgemeinen Überblick zu Abutments gegeben und anschließend die zementierten Restaurationen mit ihren Vor- und Nachteilen näher beschrieben. Im zweiten Teil des Artikels stehen verschraubte Restaurationen im Mittelpunkt.

Verschraubte Restaurationen 

Der Vorteil der verschraubten implantatgetragenen Rekonstruktion gegenüber der zementierten Implantatkrone ist ihre einfache Abnehmbarkeit, wie es z. B. bei Keramikfrakturen oder Schraubenlockerung notwendig sein kann. Außerdem lässt sich beim Eingliedern der Druck auf das Gewebe stufenweise durch langsames Anziehen der Okklusalschraube anpassen (Abb. 8). Das Emergenzprofil wird durch die individuell angepasste Implantatkrone ausgeformt.

Der größte Nachteil von okklusal verschraubten Implantatkronen/Brücken, vor allem bei innenrotationsgesicherten Implantatverbindungen, ist die Einschubrichtung. Stimmt die Einschubrichtung der Implantatachse bei Einzelkronen nicht mit der Einschubrichtung der approximalen Kontaktpunkte überein, so ist die Eingliederung erschwert. Meist entstehen ungewollt große interdentale Dreiecke. Eine verschraubte Brückenrestauration mit einem parallelwandigen, innenrotationsgesicherten Implantatsystem bedingt die annähernd parallele Ausrichtung der Implantate (Abb. 9).

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Abb. 8 Mit okklusal verschraubten Implantatkronen kann das Weichgewebe schrittweise ausgeformt werden.
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Abb. 9: Innenrotationsgesicherte, parallelwandige Implantatverbindungen benötigen bei Brückenversorgungen eine annähernde parallele Ausrichtung der Implantate, um eine okklusale Verschraubung der Brückenversorgung zu ermöglichen.

Mit einer konischen Impantat-Abutment-Verbindung lassen sich bis zu einer bestimmten Gradzahl, je nach Implantatsystem, unterschiedliche Angulationen von Implantatachsen ausgleichen. Dies vereinfacht die Eingliederung. Okklusal verschraubte Implantatkronen müssen nach der Insertion okklusal verschlossen werden (Abb. 10). Je nach Durchmesser der Schraube variiert die Öffnung des Schraubverschlusses. Bei der okklusal verschraubten Hybridabutmentkrone besteht durch Einbringen der definitiven Verschraubung vor dem Verkleben der Titanbasis die Möglichkeit, den Schraubkanal auf Schraubendreher-Durchmesser zu reduzieren. Dies ermöglicht einen minimalen okklusalen Schraubenkanal. Die Okklusalschraube wird, ob zementiert oder verschraubt, immer mit Drehmoment nach Herstellerangabe angezogen. Es sollten außerdem neue und unbenutzte Okklusalschrauben verwendet werden (Abb. 11).

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Abb. 10: Die im Durchmesser reduzierte okklusale Öffnung des Schraubkanales ermöglicht eine einfachere Verschlussmöglichkeit in der Behandlung.
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Abb. 11: Das Arbeiten mit neuen und unbenutzten Okklusalschrauben sowie das Einschrauben mit Drehmomentschlüssel und Drehmoment nach Herstellerangaben gehören heute zum „Goldstandard“ in der Implantatprothetik.
Entscheidungsfaktoren Implantatkrone „verschraubt“

Die Vorteile

  • Jederzeit zugänglich, leichte Entfernbarkeit.
  • Keine Zementüberschüsse im Sulkus.
  • Beim Einsetzen kann optimaler Druck auf die Gingiva ausgeübt werden.

Die Nachteile:

  • Kauflächen können nicht immer optimal gestaltet werden (Schraubenöffnung).
  • Einschubrichtung abhängig von den Approximalkontakten.
  • Brückenversorgungen mit innenrotationsgesicherter Verbindung sind im Bezug auf die Einschubrichtung schwieriger realisierbar.
  • Optimale Implantatausrichtung notwendig, um optimale Position für okklusalen Schraubkanal zu gewährleisten.
Schlussfolgerung Implantatprothetik

Beide Befestigungsmethoden – die Verschraubung und das Zementieren – haben ihre Berechtigung. Keine Therapievariante ist der anderen überlegen. Je nach fallbezogener Situation müssen anhand von Entscheidungskriterien die Vor- und Nachteile beider Varianten diskutiert werden. Um das Risiko einer zementinduzierten Periimplantitis zu vermeiden, sollten vor allem im schwerer zugänglichen Seitenzahngebiet implantatgestützte Restaurationen verschraubt werden. Im ästhetischen Frontzahngebiet lassen die knöchernen Strukturen nicht immer eine palatinal orientierte Implantatposition zu. Das Zementieren der Implantatkrone auf einem individualisierten Abutment ermöglicht in diesem Fall den Ausgleich der Implantatposition ohne ästhetische Einschränkungen.

Der größte Nachteil von okklusal verschraubten Implantatkronen/Brücken, vor allem bei innenrotationsgesicherten Implantatverbindungen, ist die Einschubrichtung. Stimmt die Einschubrichtung der Implantatachse bei Einzelkronen nicht mit der Einschubrichtung der approximalen Kontaktpunkte überein, so ist die Eingliederung erschwert. Meist entstehen ungewollt große interdentale Dreiecke. Eine verschraubte Brückenrestauration mit einem parallelwandigen, innenrotationsgesicherten Implantatsystem bedingt die annähernd parallele Ausrichtung der Implantate (s. Abb. 9).

Implantatprothetik (Teil 2) lesen:

Weitere Informationen gibt es auch in der Publikation: Herzklotz I, Kunz A, Beuer F: Verschraubt oder zementiert – ist das die Frage? Quintessenz 2017;68(9):1-7

Literatur:

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