IDS 2019: Ein EADT-Resümee

Auf einer imposanten Leitmesse wie der IDS muss eine Innovation wirklich laut sein, um gehört zu werden. Damit zwischen schallenden Werbetrommeln spannende Neuheiten nicht untergehen, ist im Anschluss an eine Woche voller neuer Produkte eine Nachlese empfehlenswert. Man sollte sich in Ruhe mit den Neuvorstellungen beschäftigen, Marketingbotschaften objektiv betrachten und auch mit kritischem Auge hinterfragen. Wir haben ein EADT-Resümee gezogen, das bei der IDS-Nachlese unterstützen soll.

Face-Scanner im Fokus

Das Angebot von Face-Scannern auf der IDS 2019 war – im Vergleich zu anderen innovativen Produkten – überschaubar. Hersteller von Face-Scannern boten Gerätetypen basierend auf unterschiedlichen Vorgehensweisen an. Vom Ansatz her lassen sich die Gesichts-Scanner in drei Varianten einteilen.

  1. All-in-one: Ein DVT-Gerät mit integriertem Face-Scanner. Zusätzlich zum DVT wird auch das Gesicht erfasst. Dieser digitaler 3D-DVT-Gesichts-Scan wird als Komplettsystem für Zahnarztpraxen angeboten.
  2. App basierte Face-Scanner: Diese Technologie wird über das Smartphone oder ein Tablet bedient. Die Gesichts-Scanner-App nutzt entweder die Kamera des Smartphones/Tablets oder es wird ein externes Zubehör auf Smartphone/Tablet aufgesteckt sowie mit der App verbunden. Die Gesichts-Scanner-App steht für iOS, Android oder Windows zur Verfügung.
  3. Stand-alone-Geräte: Bei diesen Gesichts-Scannern sind verschiedene Kameras zur Erfassung von 3D-Daten in einem Gehäuse untergebracht. Über eine Schnittstelle kann der 3D-Face-Scanner mit dem Computer verbunden werden.

Im Allgemeinen erzeugen Face-Scanner ein OBJ-Daten-Format, das in Exocad, 3Shape oder Dental Wings importiert werden muss. Die unterschiedlichen CAD-Systeme sollten die Integration von Face-Scandaten unterstützen, um eine umfassende Diagnose und Behandlungsplanung zu ermöglichen. Ziel der Integration von 3D-Gesichtsdaten ist die unkomplizierte Vernetzung und Weiterverarbeitung von Intraoral-, DICOM-, und Modell-Daten in einem System.

Realistische Darstellung: Virtueller Gesichtscan
Face-Scanner für das Smartphone

3D-Druck im Fokus

Der dentale 3D-Druck soll laut SmartTech Publishing* bis zum Jahr 2027 auf ein Marktvolumen von 9,5 Milliarden US-Dollar wachsen. Dieser rasante Anstieg zeigte sich auch auf der IDS 2019. Auffallend: Nicht nur die Dentalindustrie drängt mit Druckern auf den Markt, auch branchenfremde Technologie-Unternehmen entdecken die „dentale“ Zielgruppe. Die 3D-Drucksysteme haben sich weiterentwickelt. Prozessketten stehen im Fokus, ebenso wie die Beschleunigung des Druckvorgangs. Hochgeschwindigkeitsdrucker arbeiten mit speziellen Technologien, die teilweise von Herstellern patentiert sind. Eigenständige Post-Processing-Systeme (mit integriertem Nachbereitungsprozess) reduzieren den Zeitaufwand.

Software zum digitalen Einbetten von Objekten für die Presstechnik
Spezielle Software dient der Konstruktion gedruckter Abformlöffel

Interessant waren auch „neue“ Anwendungen, mit denen sich 3D-Drucker präsentierten. Beispiel ist eine validierte Prozesskette aus Software, Drucker und Pressofen, mit welcher CAD-Restaurationen für das keramischen Pressen digital angestiftet bzw. eingebettet und anschließend in ausbrennbaren Harz gedruckt werden. Für den 3D-Druck von Abformlöffeln bzw. Bissregistraten wurden CAD-Anwendungen gezeigt, mit denen Form und Gestalt des Löffels optimal auf Abformmaterial bzw. -methode abgestimmt werden.

Auch der dentale Filamentdruck (thermoplastisches Schmelzschichten) erfuhr hohe Aufmerksamkeit. Bei dieser Technologie wird ein thermoplastisches Material durch Aufschmelzen in Form gebracht (keine Polymerisation). Neu für dentale Anwendungen ist auch die LCM-Technologie (Lithography based Ceramic Manufacturing), mit welcher der 3D-Druck von Zirkonoxid-Restaurationen möglich ist. Eine vielversprechende Tendenz mit Blick in die Zukunft; gleichfalls wie ein neuer Drucker für die multichromatische Farbinfiltration von monolithischen Zirkonoxid-Restaurationen. Hier wird nach dem Festlegen der einzufärbenden Bereiche in der CAD-Software die Färbelösung auf das Zirkonoxidgerüst „gedruckt“.

*SmarTech Markets Publishing = Marktforschung und Branchenanalysen im Bereich der additiven Fertigung

Druck von Zirkonoxid
Multichromatische Farbinfiltration von Zirkonoxid-Restaurationen

Lithium(X)silikate im Fokus

Der Trend bei den zahnfarbenen Restaurationen geht immer mehr in Richtung monolithisch, d. h. eine Restauration bestehend aus einer Einheit/aus einem Werkstoff. Diese Restaurationen sind wesentlich schneller und einfacher in der Herstellung. Zusätzlich zu den Zirkonoxiden der verschiedenen Generationen (uneingefärbt/eingefärbt oder als Multilayer) hat sich auch verstärkt Glaskeramik, also Lithium(X)siliatkeramik, durchgesetzt. Mittlerweile teilt sich diese Glaskeramikobergruppe in drei weitere Gruppen auf:

  • Lithiumdisilikatkeramik,
  • Lithiumsilikatkeramik und
  • Lithiumaluminosilikatkeramik.

Auf der IDS 2019 wurde von zahlreichen Herstellern Lithiumdisilikatkeramik zum Verpressen vorgestellt. Ein Hersteller präsentierte CAD/CAM-Blöcke ebenfalls aus Lithiumdisilikatkeramik zum Nachkristallisieren.

Zirkonoxid im Fokus

Im Bereich vollkeramischer Materialien spielt die Verarbeitung von Zirkonoxid weiterhin eine tragende Rolle. Die händische Farbgebung vom Weißling durch Färbeflüssigkeiten ist nahezu vollständig durch voreingefärbte Materialien verdrängt worden. Zahlreiche Hersteller liefern 16 Farbsysteme im VITA-Farbspektrum an. Die große Auswahl an Rohlingen benötigt jedoch einen großen Lagerplatz, der nicht in jedem Labor vorhanden ist. Der Trend geht weiterhin zu monolithischen Zirkonoxiden. Speziell die 3. Generation von Zirkonoxid ist transluzent, zeigt jedoch geringere Festigkeiten auf, was bei der Indikation berücksichtigt werden müssen. Die 4. Generation dagegen hat vergleichbare Transluzenzwerte, jedoch höhere Festigkeiten. Somit ist es wichtig, die Werkstoffeigenschaften zu kennen, um die Materialien „richtig“ einzusetzen. Das Angebot an Multilayer-Rohlingen mit verbesserten Farbgradienten zur optimierten Erstellung von monolithischen Restaurationen wurde deutlich ausgedehnt. Die ersten Anbieter mischen mehrere Generationen in einem Blank um hohe Festigkeit basal und hohe Transluzenz im okklusalen Bereich zu erreichen. Dadurch entsteht in einem Blank – zusätzlich zum Farb- und Transluzenzverlauf – eine unterschiedliche Festigkeit. Hier bleibt abzuwarten, wie die wissenschaftliche Datenlage diese neuen Materialkompositionen bewertet. Generell spielt in allen Bereichen der Zirkonoxidverarbeitung die Schnelligkeit eine immer größere Rolle – sprich verkürzte Sinterzeiten. Hierfür wurde beispielsweise ein spezieller Sinterofen für die Schnellsinterung vorgestellt.

Beispiel: Restauration aus Zirkonoxid

Befestigungsmaterialien im Fokus

Zur diesjährigen IDS setzten die meisten Hersteller auf ihre bereits seit längerer Zeit auf dem Dentalmarkt erhältlichen und bewährten Produkte. Bei den verschiedenen Applikationsformen wurden teils kleine Veränderungen vorgenommen, wie z. B. zusätzliche Farbkodierungen für eine Markierung der Systemzugehörigkeit oder Umgestaltung des Fläschchen-Deckels für eine vereinfachte Handhabung beim Öffnen. Bei einem selbstädhäsiven Befestigungskomposit konnten durch Änderungen in der Zusammensetzung die Verarbeitungszeit verringert und eine Kühlschranklagerung umgangen werden. Zudem scheinen die Dentalfirmen ihre Angebotspalette vermehrt mit Produkten für die laborseitige Verklebung von Titanklebebasis und Kronen zu erweitern. Hier waren bisher nur zwei Produkte zugelassen, jedoch sollen – laut Angaben der Hersteller auf der IDS – bis Ende des Jahres doppelt so viele Produkte erhältlich sein.

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