Was ist eigentlich „Plasma“?

Wird von Plasma gesprochen, ist in der Regel ein Gas mit Ionen, Elektronen und neutralen Teilchen (Atome, Moleküle, Radikale) gemeint. Plasma hat sich z. B. für die Sterilisation von medizinischen Geräten, Verpackungen in der Lebensmittelindustrie, Implantaten oder Blutkoagulation als wirksam erwiesen. Es wird beispielsweise durch Radio- oder Mikrowellenfrequenzen sowie Hochspannung erzeugt. Seit kurzem wird in der Zahnmedizin Plasma auch zur Verbesserung von Verbundfestigkeiten empfohlen, gerade in Verbindung mit dem neuen monomerfreien Werkstoff PAEK.

Was bedeutet „Oberflächenmodifikation mittels Plasmavorbehandlung“ bei prothetischen Restaurationen?

In der zahnmedizinischen Literatur wird immer häufiger die Plasmavorbehandlung für eine verbesserte Verbundfestigkeit zwischen zwei bzw. mehreren Werkstoffen (z. B. zur Befestigung bzw. Reparatur) empfohlen. Dabei wird die Werkstoffoberfläche mit ionisierten Gasen „beschossen“: Es entstehen freie Radikale. Durch die Brechung der polaren Gruppen entwickelt sich eine Oberflächenbeschichtung. Das Prozessgas zwischen zwei Elektroden nach der Energiezufuhr wird ionisiert und ein Plasmastrahl entsteht. Die Dicke und Qualität der Plasmabeschichtung hängt von der Art und Reinheit des verwendeten Gases, dem Druck und der Position der Restauration während der Vorbehandlung ab. Im Allgemeinen wird die Plasmavorbehandlung als ein Prozess definiert, bei dem teilweise oder vollständig ionisiertes Gas mit einer ungefähr gleichen Anzahl von positiv und negativ geladenen Teilchen verwendet wird.

Kann eine Plasmavorbehandlung die Verbundfestigkeit wirklich erhöhen?

Hierzu gibt es unterschiedliche Untersuchungsergebnisse. Theoretisch betrachtet soll die Werkstoffoberfläche durch das Plasma aktiviert und gleichzeitig funktionelle Gruppen gebildet werden. Eine Studie zeigte initial signifikant höhere Verbundfestigkeitswerte nach der Vorbehandlung mit Heliumplasma. Allerdings konnte der Verbund nach thermischer Alterung in seiner Stabilität nicht standhalten. Hingegen beobachten andere Untersuchungen nach der Plasmavorbehandlung keine Erhöhung der Verbundfestigkeit zwischen diversen Polymeren (PMMA, Komposit, PAEK) oder Zirkonoxid und dentalen Kompositen auf Dimethacrylat-Basis – unabhängig von Zeit, eingesetztem Gas und Druck des Plasmas. Ein negativer Effekt auf die Verbundfestigkeit wird jedoch in keiner in-vitro Untersuchung gemessen.

Einstimmig wird in allen Untersuchungen berichtet, dass nach einer Plasmavorbehandlung eine höhere Benetzbarkeit (Oberflächenspannung) vorliegt. Die Plasmavorbehandlung aktiviert die Oberflächen auf atomarer sowie molekularer Ebene, produziert eine hydrophile Oberfläche und verbessert so die Benetzbarkeit. Keinen Einfluss hat die Plasmavorbehandlung auf die Oberflächenrauigkeit und -topographie. Hier sind eindeutig weiteren Untersuchungen und Weiterentwicklungen notwendig.

SAVE: Es ist darauf zu achten, dass die Oberfläche nach der Plasmavorbehandlung nur wenige Minuten aktiv bleibt und daher schnell weitergearbeitet werden muss.

Was hat es mit der Bezeichnung „kaltes Plasma“ auf sich?

Es gibt zwei Arten der Plasmabehandlung. Unterschieden werden muss zwischen Warm- und Kaltplasma. In der Zahnmedizin wird für die Oberflächen-Modifikationen grundsätzlich Kaltplasma verwendet. Dieses ist zum Zeitpunkt der Applikation nicht wärmer als 40 °C. Zu den Geräten, die Kaltplasma produzieren können, gehören zum Beispiel das dielektrische Barrieren-Entladungsgerät, der Atmosphärendruck-Plasma-Strahl, die Plasmanadel und der Plasmastift.

Gibt es zusätzlich zur Oberflächenmodifikation weitere zahnmedizinische Indikationen für eine Plasmabehandlung?

Ja, Kaltplasma dient z. B. auch zum Beseitigen verschiedener Bakterienarten im Biofilm sowie in den Wurzelkanälen oder zur reinen Desinfektion. Außerdem kann beim Zahn-Bleaching ein Plasma zusammen mit anderen Mitteln (z. B. Wasserstoffperoxid oder Carbamidperoxid) verwendet werden, um die Effektivität zu erhöhen. Zudem kann Kaltplasma zur Behandlung von Mundschleimhautinfektionen zur Anwendung kommen wie z.B. Herpes simplex, Aphthen oder gar Stomatitiden. Es erfolgte auch schon ein Versuch, den Plasmastrahl zur Zahnreinigung bzw. als Zahnbürste zu benutzen. Allerdings werden weitere Studien in diesem Gebiet benötigt.

Bogna Stawarczyk, Annett Kieschnick, Anja Liebermann