PAEK und Zirkonoxid im Laboralltag und interessante Aspekte aus der Werkstoffkunde
von Annett Kieschnick, Jacqueline Riebschläger, Bogna Stawarczyk
Doppelkronen aus goldhaltigen oder edelmetallfreien Legierungen gehören seit Jahrzehnten zu bewährten Verankerungselementen. Zunehmend setzen sich neue Materialvariationen durch, z. B. Zirkonoxid und thermoplastische Hochleistungswerkstoffen. Was sagt die Studienlage und gibt es Untersuchungen hierzu aus der dentalen Werkstoffkunde? Die Autorinnen greifen praxisnahe Fragen auf.
Welche Bedeutung hat das Material der Primärkronen in Verbindung mit Galvano-Sekundärteilen?
Generell zeigt die in-vitro Studienlage, dass Galvano-Sekundärteile unabhängig vom Werkstoff der Primärkrone keinen negativen Einfluss auf die Retentionskräfte haben. Aufgrund des Goldpreises werden Galvano-Sekundärteile häufig mit PAEK-Sekundärteilen ersetzt. Die Erfahrungen aus dem Alltag sind gut. Allerdings fehlt zurzeit noch die wissenschaftliche Evidenz.
Gibt es signifikante Unterschiede zwischen der Retentionskraft von Primärkronen aus Zirkonoxid und aus Kobalt-Chrom-Legierungen?
Beide Werkstoffe führen zu vergleichbar guten Ergebnissen. Auf Grund der Biokompatibilität ist bei der Versorgung eines Patienten jedoch eine Vielzahl von Legierungen zu vermeiden. Wird der Patient nur mit einer Legierung versorgt, z. B. Kobalt-Chrom-Legierung, so ist diese Restauration von der biologischen, mechanischen und wirtschaftlichen Seite sicherlich sehr gut.
Primärteile aus Zirkonoxid – auf welche Festigkeit bzw. welche Materialkennwerte sollte geachtet werden?
Diese Frage ist schwer zu beantworten. Für eine gute Langzeitstabilität sind nicht nur die Festigkeitswerte der Werkstoffe der Primärteile entscheidend. Hier spielt die Passung, die Kantenstabilität und die Qualität des Verbundes der Primärkrone am Zahn- bzw. dem Implantat-Aufbau ebenfalls eine wichtige Rolle. Zurzeit haben wir vier verschiedene Generationen von Zirkonoxid. Aus dem Bauchgefühl könnte man sagen, dass alle vier Materialgruppen bei sorgfältiger Herstellung und guter Befestigung für Primärkronen empfohlen werden können.
Welchen Einfluss auf die Retentionskräfte hat die Verarbeitungstechnologie bei Sekundärkronen aus PAEK und welche Rolle spielt der Konuswinkel?
Bei der Kronen- und Brückentechnik wurde beobachtet, dass CAD/CAM-gefertigte PAEK-Restaurationen zu höheren Bruchlastwerten führten, als die gepressten Thermolaste. Bei Sekundärkronen spielt die Verarbeitungstechnologie eine untergeordnete Rolle. Studien zeigen, dass PAEK-Werkstoffe nur für Teleskopkronen (Primärteile) eingesetzt werden können. Konische Primärteile aus PAEK sind auf Grund der niedrigeren Retentionskräfte kontraindiziert.
Besteht die Möglichkeit, Primärkronen aus PAEK zu fertigen?
Ja, Primärkronen aus PAEK zeigen in Kombination mit PAEK-Sekundärkronen in in-vitro Studien gute Retentionskräfte. Zu beachten ist, dass PAEK-Werkstoffe sehr „pflegebedürftig“ sind. Bei Patienten mit einer schlechten Mundhygiene sind die Werkstoffe daher kontraindiziert. Ebenfalls ist bei diesen Werkstoffen eine häufigere Zahnreinigung empfehlenswert. Erfahrungsgemäß sollten für die Reinigung keine abrasiven Zahncremes verwendet werden. Ein Tipp aus dem Laboralltag sind Spülmittel und Wattestäbchen (Q-Tips) oder eine weiche Bürste. Klinische Studien liegen uns zu dieser Werkstoffkombination jedoch noch nicht vor.
Wie hoch ist die Gefahr, dass sich Sekundärteile aus PAEK von innen verfärben?
Auch hier wieder, PAEK-Werkstoffe benötigen eine intensive Pflege. In-vitro Studien zeigen, dass diese Werkstoffe z. B. durch Möhrensaft und den Verzehr mit Fishermans stark zum Verfärben neigen. Durch ein frühzeitiges Erkennen und Beseitigen der Verfärbungen kann ein Eindringen in das Werkstoffinnere verhindert werden.
Wie kann bei einer Sekundärstruktur aus thermoplastischen Materialien (PAEK) ein stabiler Verbund zur Verblendung (z. B. Kunststoff) erfolgen?
Hier sind mehrere Punkte zu berücksichtigen:
- Die Schichtstärke des Sekundärteils sollte nicht geringer als 1,5 mm sein, wenn das Sekundärteil direkt mit dem Antagonisten in Kontakt steht. Grund: PAEK-Werkstoffe sind plastisch verformbar.
- Die Schichtstärke des Verblendkunststoffes sollte nicht höher als 1 mm sein.
- Die Gerüstvorbehandlung für den Verbund ist entscheidend: mit Al2O3 Korundstrahlen (50 µm, 2 bar) und direkt unmittelbar das Adhäsivsystem auftragen. Hier zeigt z. B. visio.link (bredent) in den in-vitro Studien sehr gute Verbundwerte.
- Das Verwenden von Opaquer erhöht die Haftung.
Erstveröffentlichung Artikel: Quintessenz Zahntechnik 2018;44(4):555-557