Direkt verschraubte Einzelzahnkronen auf Implantaten

Direkt verschraubte Einzelzahnkronen auf Implantaten

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direkt verschraubte Einzelzahnkronen

Neues Implantatsystem – direkt verschraubte Einzelzahnkronen und der Einfluss von Kronenmaterial, Sinterprotokoll und künstlicher Alterung auf das Biegemoment.

Sonja Südbeck, München

Während Titan-Abutments lange Zeit als Goldstandard galten, wurden in den vergangenen Jahren verschiedene alternative Abutment-Lösungen entwickelt. Dazu gehören Monoblockabutments, z. B. aus Zirkonoxid, Hybridabutments (Titanbasis und Keramikaufbau) sowie das Konzept der Hybrid-Abutment-Kronen. Hierbei wird die in einem Stück gefertigte Krone direkt mit der Titanbasis verklebt. Eine Alternative sind Implantatsysteme ohne Abutment oder Titanbasis, z. B. das Matrixsystem. Hier wird die prothetische Restauration direkt auf das Implantat verschraubt. Diese Lösung verspricht – aufgrund der Vorbeugung von Befestigungsmaterialüberschüssen – eine Reduzierung des Periimplantitis-Risikos sowie einen vereinfachten Zugang bei etwaigen Komplikationen. Zudem wird der Zeitbedarf in der Herstellung und Behandlung reduziert.

Ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Stabilität des Implantatsystems spielt das verwendete Kronenmaterial. Auf Grund der hohen Festigkeit und Bruchzähigkeit sowie Biokompatibilität und Langzeitbeständigkeit gewannen in den vergangenen Jahren 3 mol-% Yttriumoxid-stabilisierte Zirkonoxide (3Y-TZP) an Bedeutung. Mit der Erhöhung des Yttriumoxidgehalts – dritte (5Y-TZP) und vierte (4Y-TZP) Zirkonoxid-Generation – sowie der damit verbundenen, vermehrt vorliegenden kubischen Phase wurden hochtransluzente Werkstoffe eingeführt. Diese Entwicklung erweiterte das Indikationsspektrum von Zirkonoxid um monolithische Restaurationen im sichtbaren Bereich. Die benötigte Schichtstärke kann reduziert werden. Auch bei hohen Belastungen besteht keine Gefahr des Chippings in der Verblendung. Zudem kann bei einer Behandlung mit monolithischen Zirkonoxidrestaurationen durch den Einsatz von Chairside-Fräsen und High-Speed-Sinterverfahren Zeit eingespart werden.

Ziel der Untersuchung

Ziel dieser in vitro Untersuchung war der Vergleich des Biegemoments von Implantaten mit direkt verschraubten Einzelzahnkronen und Implantaten mit auf Titanbasen verklebten Einzelzahnkronen. Ebenfalls untersucht werden sollte der Einfluss des Kronenmaterials, der Sinterparameter und einer thermo-mechanische Alterung auf das Biegemoment.

direkt verschraubte Einzelzahnkronen

Studiendesign (CS: konventionelles Sintern, HSS: High-speed Sintern, CoCrMo: Cobalt-Chrom-Molybdän)

Material und Methoden

Es wurden 240 Prüfkörper hergestellt. Dabei wurden 120 Implantate (n = 24 pro Material) mit direkt verschraubten Einzelzahnkronen versorgt (Matrix Implantate, TRI Dental Implants, Hünenberg, Schweiz) und 120 Implantate mit Einzelzahnkronen, die zuvor mit einer Titanbasis verklebt wurden (Octa Implantate, TRI Dental Implants).

Die Kronen wurden aus 3Y-TZP (Ceramill ZI CAM, Amann Girrbach, Koblach, Österreich), 5Y-TZP (Ceramill Zolid fx, Amann Girrbach), 4Y-TZP (Ceramill Zolid HT+ white, Amann Girrbach) und einer Cobalt-Chrom-Molybdän (CoCrMo)-Legierung (Ceramill Sintron, Amann Girrbach) angefertigt, wobei 3Y-TZP, 5Y-TZP und CoCrMo konventionell gesintert wurde, während 4Y-TZP konventionell (CS) und in einem High-Speed Sinter Verfahren (HSS) gesintert wurde.

Um die klinische Situation nach etwa fünf Jahren zu simulieren, wurde die Hälfte der Prüfkörper im Kausimulator thermo-mechanisch gealtert. Anschließend wurden alle Prüfkörper in einem Winkel von 30° auf Bruchlast getestet und das Biegemoment berechnet. Zusätzlich wurde das Bruchmuster jedes Prüfkörpers analysiert.

direkt verschraubte Einzelzahnkronen
Links: Matrix Implantat (ohne Titanbasis), Rechts: Octa Implantat (mit Titanbasis)

Ergebnisse

Implantatsystem

Initial getestet zeigten die Matrix-Implantate (ohne Titanbasis) mit Zirkonoxidkronen höhere Biegemomente als die Octa-Implantate (mit Titanbasis) mit Zirkonoxidkronen. Mit CoCrMo versorgt zeigten Octa Implantate höhere Biegemomente. Nach der Alterung zeigte sich in keiner der Gruppen ein Unterschied der Biegemomente zwischen den Implantatsystemen.

Material und Sinterprotokoll

Hinsichtlich der Materialien wurden die höchsten initialen Biegemomentwerte unabhängig des Implantatsystems für 4Y-TZP beobachtet. Bei Matrix-Implantaten (ohne Titanbasis) wurden die niedrigsten Biegemomente für CoCrMo Kronen und bei Octa Implantaten (mit Titanbasis) für 5Y-TZP_CS und 3Y-TZP_CS Kronen gemessen. High-Speed gesinterte Restaurationen zeigten bei beiden Implantatsystemen höhere Biegemomente als konventionell gesinterte Zirkonoxide. Nach der Kausimulation wurden keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Materialien und Sinterprotokollen beobachtet.

Künstliche Alterung

Die thermo-mechanische Alterung führte bei 70 % der Gruppen zu einer Abnahme der Biegemomentwerte.

direkt verschraubte Einzelzahnkronen

Testaufbau zur Bestimmung des Biegemoments unter einem Winkel von 30° (links) und Biegemomente der Matrix (ohne Titanbasis, blau) und der Octa (mit Titanbasis, rot) Implantate in Abhängigkeit der verschiedenen Kronenmaterialien vor und nach Alterung (rechts).

Bruchmuster

Matrix-Implantate (ohne Titanbasis) zeigten nach der Belastung im Rahmen der Bruchlastbestimmung vermehrt Implantatdeformationen, während bei Octa Implantaten (mit Titanbasis) primär eine Lockerung der Krone in Verbindung mit einer Implantatdeformation beobachtet wurde. Die Schnittbilder zeigten, dass Kronenlockerungen nicht nur durch das Versagen der Schraube verursacht werden können, sondern auch durch Kronenbrüche im Bereich des Interface (Matrix Implantate) oder Frakturen im Implantat (Octa Implantate), da durch die Fraktur Spiel im Interface entstehen kann.

direkt verschraubte Einzelzahnkronen

a + b) Prüfkörper mit kompletter Kronenfraktur (oben: Octa Implant, 5Y-TZP_CS; unten: Matrix Implant, 5Y-TZP_CS).
c + d) Schnittbilder einer gelockerten Krone (oben: Octa Implantat, 3Y-TZP_CS; unten: Matrix Implantat, 4Y-TZP_HSS).
e + f) Schnittbilder eines deformierten Implantats (oben: Octa Implantat, 4Y-TZP_HSS; unten: Matrix Implantat 3Y-TZP_CS).
g) Schnittbild eines Prüfkörpers mit Schraubenfraktur nach Alterung (Matrix Implantat, CoCrMo).

Die Pfeile markieren die Bruchstellen.

Schlussfolgerung

Zusammengefasst indiziert diese Untersuchung, dass die mechanische Stabilität von Implantaten ohne Titanbasis (direkt verschraubte Einzelzahnkronen) grundsätzlich ausreichend für den klinischen Gebrauch ist, da beide Implantatsysteme vergleichbare Ergebnisse zeigten. Folglich scheint die Verwendung direkt verschraubter Einzelzahnkronen (monolithisch) auf Implantaten aus den untersuchten Materialien eine vielversprechende Therapieoption darzustellen, mit welcher hervorragende ästhetische Ergebnisse erzielt und gleichzeitig Zeit sowie Kosten reduziert werden können. Die Ergebnisse bestätigten zudem die bisherigen positiven Erkenntnisse zu High-Speed Sinterverfahren und zeigen, dass mit 5Y-TZP und 4Y-TZP klinisch vergleichbare Biegemomente wie mit 3Y-TZP zu erreichen sind.

Da eine in vitro Untersuchung in vivo Konditionen jedoch nicht vollständig reproduzieren kann, besteht die Notwendigkeit die hier beobachteten Ergebnisse in klinischen Langzeitstudien zu überprüfen.

Die hier vorgestellten Ergebnisse beruhen auf folgender Untersuchung: Südbeck S, Buser R, Reymus M, Hoffmann M, Edelhoff D, Stawarczyk B. A new implant system with directly screwed supra-constructions: Impact of restoration material and artificial aging on the bending moment. International Journal of Prosthodontics. In prep.